Es wurde schon darauf hingewiesen (S. 12), daß die alten kanaanäischen Monatsnamen etwa im 1. Jahrtausend v. Chr. in der
jüdischen Datierung zurücktreten und daß von da ab die Monate nur nach Ordnungszahlen benannt werden. Dieser Gebrauch hielt sich weit über die Zeit nach der Rückkehr der Juden aus dem Exil (538 v. Chr.). Dann sieht man in den Schriften allmählich neue Monatsnamen in Anwendung kommen, welche die Juden während der babylonischen Gefangenschaft von den Assyrern und Babyloniern übernommen haben. Dies sind die sog. spätbabylonischen Monatsnamen, die schon bei der Zeitrechnung der Babylonier (I 117 f.) angeführt wurden und sich in sehr großer Zahl auf den babylonischen Tontafeln vorfinden. Es sind folgende:
Jüdische Monate |
Babylon. Monate | Zahlen- namen |
Jüdische Monate |
Babylonische Monate | Zahlen- namen |
||||||
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1. | ניסן | Nisan | Nisannu | 1. | Monat | 7. | תשרי | Tišri | Tašritu | 7. | Monat |
2. | אייר | Ijar | Airu | 2. | ,, | 8. | מרחשון | Marchešwan | Arach-samna | 8. | ,, |
3. | סיון | Siwan | Sivannu | 3. | ,, | 9. | כסלו | Kislev | Kisilivu | 9. | ,, |
4. | תמוז | Tammuz | Dûzu | 4. | ,, | 10. | טבת | Ṭebet | Dhabitu | 10. | ,, |
5. | אב | Ab | Abu | 5. | ,, | 11. | שבט | Šebat | Sabadhu | 11. | ,, |
6. | אלול | Elul | Ululu | 6. | ,, | 12. | ארר | Adar | Addaru | 12. | ,, |
Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den babylonischen und den jüdischen Namen ist offenbar; den hauptsächlichen Unterschied bilden die Namen Arach-samna = Marchešwan; der babylonische Name heißt hier wörtlich „der achte Monat“ und gehört vielleicht einer Zeit an, in der die Monate in Babylonien nur gezählt wurden, der hebräische Marchešwan ist wahrscheinlich eine lautliche Umformung desselben1. Betreffs der Etymologie der Namen verweise ich auf die Ableitungen, welche früher (a. a. O.) gegeben worden sind. Hervorzuheben wäre hier aber, daß Ni-sa-an-nu von nesû (hebr. נסע) = bewegen, springen, fortschreiten, ableitbar scheint und auf die Bedeutung Monat des Fortschreitens" (der Natur, Frühlingsmonat) schließen läßt; ferner bedeutet Tiš-ri-tu (Tišri) „Beginn, Anfang“, nämlich des zweiten Halbjahrs. Die Erklärung der jüdischen Monatsnamen hat, bevor ihre Quelle in den babylonischen Tontafeln entdeckt wurde, manche Schwierigkeiten gemacht; und versuchten die Ableitung aus den altpersischen Zendformen und aus persischen Namen, welche die Juden in einzelnen Gegenden Persiens kennen gelernt haben sollten; andere glaubten in den syrischen Monatsnamen, welche sie als älter hinstellten, die Vorläufer der jüdischen zu erkennen2. Jedoch findet
1)
will den Monat Arach-samna mit dem Margazana der Inschrift von Behistân identifizieren, hat aber damit wenig Zustimmung gefunden (s. I 276).2) Elements of the Jewish and Muhammedan Calendars, London [Fortsetzung der Fußnote]
u. , Über die Monatsnamen einiger alten Völker, Berlin 1836, S. 120—175; s. auch , Geschichte u. System d. jüd. Kalenderwesens, Leipz. 1856, S. 4. — Es ist merkwürdig, daß der Verfasser eines ganz modernen Werkes ( ,sich schon im jerusalemischen Talmud (Rosch haschana I 21) die Tradition, daß die jüdischen Monatsnamen aus Babylonien stammen.
Die babylonischen Monatsnamen haben nach der Rückkehr aus dem Exil nicht ohne weiteres bei den Juden Eingang gefunden. Der Prophet Sacharja (519 v. Chr.) nennt neben den Namen noch die früher gebrauchten Ordnungszahlen, der Verfasser der aramäischen Urkunde Esra VI 15 und Nehemia (Mitte des 5. Jahrh.) haben die Namen ohne die Ordnungszahlen. Esra in der Denkschrift und der Chroniker haben nur die Ordnungszahlen in Gebrauch. Selbst in dem noch jüngeren Buche Esther sind meist noch die Ordnungszahlen und dahinter der Monatsname gesetzt (mit Ausnahme einiger Stellen). Danach muß es ziemlich lange gedauert haben, ehe die babylonischen Monatsnamen Gemeingut des Volkes geworden sind. — Im folgenden gebe ich die biblischen Stellen an, wo die Monate vorkommen, und in Klammern die talmudischen und anderweitigen2 Quellen:
[Anfang der Fußnote] 1901, S. 6) noch die syrische Abkunft der jüdischen Monatsnamen erwähnt. An diesem Autor sind also die Entdeckungen der letzten 30 Jahre auf dem Gebiete der Assyriologie spurlos vorübergegangen.
1) „Die Namen der Monate kamen in ihrer Hand (d. h. der aus dem Exil heimkehrenden Juden) aus Babel herauf.“
2) Entnommen aus
, Geschichte d. jüd. Volkes, 3. Aufl., I 746.Die Monatsnamen sind, wie man sieht, die gleichen, wie sie mit wenigen Veränderungen auch bei den an Judäa grenzenden aramäischen Stämmen und im palmyrenischen Reiche gebräuchlich wurden.
Eine wegen ihres hohen Alters wichtige Ergänzung des Materials der Monatsnamen bieten die später (§ 146) zu erwähnenden Namen, welche aus dem 5. Jahrh. v. Chr. uns durch die Papyri von Assuan dargeboten werden.- In diesen Urkunden kommen vor: אב (Ab) [Urkunde No. 5], אלול (Elul) [1 u. 7], תשרי (Tišri) [6], כסלו (Kislev) [2, 3, 4, 8], שבט (Šebaṭ) [9]2.
Der Jahresanfang des bürgerlichen Jahrs blieb in der zweiten Epoche der alte, da, wie früher (§ 141) bemerkt, der Jahresbeginn mit Frühjahr die spätere Sitte ist. Nehemia, der es im Exil unter den in Persien zerstreuten Stammesgenossen bis zu einem der Mund-
1) Sacharja I 7: Am 24. Tage des 11. Monats, das ist der Monat Šebaṭ, im 2. Jahr des .... Nehemia II: Und es ereignete sich im Monat Kislev des 20. Jahres. — II 1: Es war im Monat Nisan des 20. Jahres. — VI 15: Die Mauer wurde fertig am 25. Elul nach 52 Tagen. — Esther III 7: Im 1. Monat, d. i. der Monat Nisan, warf man das Los .... bis zum 12. Monat, d. i. der Monat Adar. — II 16: Esther ward in den Palast gebracht am 10. Monat, d. i. im Monat Ṭebet. — III 13: Zu vernichten alle Juden vom Knaben bis zum Greise ... am 13. Tage des 12. Monats, d. i. der Monat Adar. — VIII 9: Es wurden die Schreiber des Königs berufen in jener Zeit im 3. Monat, d. i. im Monat Siwan ... 12: ... am 13. des 12. Monats, d. i. der Monat Adar. — IX 1: ... im 12. Monat, d. i. der Monat Adar. — Mehrere Monatsnamen (Elul, Kislev, Šebaṭ, Adar) kommen auch in den Makkabäerbüchern vor.
. — VII 1: Im 4. Jahr des Königs erging Jahves Wort an Sacharja am 4. des 9. Monats, im Kislev2) Im Papyr. תמוז (Tammuz) u. מרהשון (Marchešwan) [Zeile 4 u. 19, 30]. — Der Siwan auf einer aramäischen Inschrift von Assuan, vom 7. Jahre des Artaxerxes (458 v. Chr.) (Compt. rend. de l'Acad. d. Inscr. 1903, p. 264—276 = , Ephemeris II 2, 221).
, welcher, wie der obengenannte von Assuan, einen Teil zusammengehöriger Urkunden bildet (Drei aramäische Papyrusurkunden aus Elephantine, Abhdlg. Berlin. Ak. d. W. 1907, S. 1—46) kommen vor:schenken des Königs gebracht hatte, rechnet (I 1, II I) vom Herbste. Im 20. Jahre erhielt er von § 143), ausgezeichnet, der den beginnenden Herbst ankündigte und einleitete. Auch das Bauernjahr, das Sabbat- und Jobeljahr2 rechnete man von altersher, wie auseinandergesetzt worden ist, vom Herbste.
I. die Erlaubnis, nach Jerusalem zurückzukehren, um sich von der Lage der Verhältnisse in Judäa überzeugen zu können. Die Daten1 in der Erzählung des Nehemia lassen sich nur vereinigen, wenn Nehemia das bürgerliche Jahr vom Tišri an rechnet. Ferner wurde nach (III 1) am 1. Tišri auf den Trümmern des Tempels das Brandopfer wie in alter Zeit dargebracht und dem Volke das Gesetz vorgelesen. Außerdem war der 1. Tišri damals als ein besonderer Festtag, truah-Tag (s.1) I 1: Es ereignete sich im Monat Kislev des 20. Jahres, daß ich zu Susa in der Königsburg war. — II 1: Und es war im Monat Nisan des 20. Jahres des Königs Artaḫšasta (als) Wein unter meiner Aufsicht (war) ....
2) Die Mischna erklärt (Traktat „Anfang des Jahres“) die Jahresanfänge folgendermaßen: Es gibt vier Jahresanfänge. Am ersten Tage im Nisan ist der Jahresanfang für die Könige und für die Feste. Am ersten Tage im Elul ist der Jahresanfang für die Verzehntung des Viehes. Am ersten Tage im Tišri ist der Jahresanfang für die Jahre und für das Sabbatjahr und die Jobeljahre, für das Pflanzen und für die Kräuter. Am ersten Tage im Monat Šebaṭ ist der Jahresanfang für die Baumfrucht (betreffs deren Verzehntung).