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[§ 158. Die Feste. Besondere Datierungsweisen. 109]

§ 158. Die Feste. Besondere Datierungsweisen.

Zur vollständigen Konstruktion eines jüdischen Kalenders (לוח luach = eine Tafel) gehören noch die Feste. Unter Bezugnahme auf die §§ 143 und 147 folgt hier die Datierung der Feste, wie sie im jetzigen Kalender der Juden gebräuchlich ist. Die Hauptfeiertage sind mit * bezeichnet.

I.  Tišri (תשרי).

II.  Marchešwan (מרחשון).

III.  Kislev (כסלו).

[110 VIII. Kapitel. Zeitrechnung der Juden.]

IV.  Ṭebet (טבת).

V.  Šebaṭ (שבט).

VI.  Adar (אדר).

VII.  Nisan (ניסן)

[§ 158. Die Feste. Besondere Datierungsweisen. 111]

VIII.  Ijar ( אייר).

IX.  Siwan (סיון).

X.  Tammuz (תמוז).

XI.  Ab (אב).

XII.  Elul (אלול).

Als Rüsttage zu den Festen sind anzusehen: der 9. Tišri (zum Ver­söhnungsfest), der 14. Tišri (zum Hüttenfest), der 14. Nisan (zum Passah), der 5. Siwan (zum Wochenfest) und der letzte Elul (zum

[112 VIII. Kapitel. Zeitrechnung der Juden.]

Neujahrsfest). Betreffs der Sabbate ist zu bemerken: der sechste Wochentag heißt auch ערב שבת (‘ereb sabbaṭ), desgleichen wird der Tag vor einem Feiertage mit ‘ereb bezeichnet; der 14. Nisan z.B. heißt ‘ereb passah. Der dem Feiertage folgende Tag heißt אסרו חג (’isrû hag). Der Sabbat vor Ostern heißt sabbaṭ hagadôl, jener vor Purim sabbaṭ sakôr, vor dem 10. Ab sabbaṭ hasôn, der darauf folgende sabbaṭ nachamû. Der Sabbat nach Neujahr heißt sabbaṭ šubah. Im Šebaṭ, Adar resp. We-Adar hat man die Sabbate: sabbaṭ šekalim, parah, hachodeš, haphsakah.

Die vorstehenden Feste, Fasttage und Sabbate zeigen die Tafeln von Schram ebenfalls an, mit Hilfe der im „Jüdischen Kalender“ dieser Tafeln in der letzten Kolumne beigeschriebenen Größe „Kalender­zahl“.

Die Berechnung des jüdischen Passah erfordert noch eine Be­merkung. Da der Zyklus von 19 tropischen Jahren 6939d 14h 26 12m faßt, also um etwa 2h 6m kürzer ist als die 235 synodischen Monate, die ihm in der jüdischen zyklischen Rechnung gleichgesetzt werden, so wird das Passah allmählich immer später gefeiert. Das Passah (15. Nisan) soll nämlich auf denjenigen Vollmond fallen, welcher nach dem Frühlingsäquinoktium zuerst stattfindet. In den Schaltjahren kommt es aber vor, daß zwischen dem 15. Nisan und dem Frühlings­äquinoktium noch ein zweiter Vollmond liegt. So z. B. findet das Passah in den Jahren 5670, 5673, 5681 W. Ä., nämlich dem 8., 11. und 19. Jahre des Schaltzyklus, am 24. April 1910, am 22. April 1913 und 23. April 1921 (gregor.) statt. Unser gegenwärtiges Frühjahrsäquinox ist am 21. März, es fallen daher zwischen dieses Datum und die Passah-Daten noch die Vollmonde vom 25. März 1910, 22. März 1913 und 24. März 1921, d. h. Ostern wird in diesen 3 Fällen von den Juden um einen vollen Monat zu spät angesetzt. Während jetzt nur erst 3 Jahre des 19jährigen Schaltzyklus von diesem Fehler betroffen sind, wird letzterer mit der Zeit anwachsen, und nach etwa 1200 Jahren wird der Fehler alle 7 Schaltjahre des Zyklus affizieren. — Infolge der zyklischen Rechnungsweise der Juden und Christen bei der Be­stimmung ihrer Osterfeste fallen bisweilen — gegen die Nicänische Vorschrift — die Ostern der Juden mit denen der Christen zusammen auf denselben Tag. Hierüber im III. Bande dieses Werkes.

Am Schlüsse des Kapitels über die jüdische Zeitrechnung muß ich in Kürze noch zweier Datierungsweisen gedenken, die hier und da vorkommen. Unter dem 23. Tišri wurde oben die Lesung der 54 Perikopen (sidra) oder Wochenabschnitte erwähnt. An jedem Sonnabend, vom Sabbat nach dem Laubhüttenfeste angefangen, wird einer dieser 54 Abschnitte gelesen. In hebräischen Schriften, Dokumenten usw. werden die Perikopen bisweilen zu Datierungen gebraucht; es bezieht

[§ 158. Die Feste. Besondere Datierungsweisen. 113]

sich also diese Angabe auf das jüdische (oder christliche) Datum, an welchem in einem vorgelegten Jahre der W. Ä. im Tempel ein be­stimmter Abschnitt der Thora (Perikope) gelesen wird. Da bei der Datierung der Name der betreffenden Perikope angegeben werden muß, folgt hier eine Übersicht zum Gebrauche der 53 Perikopen. Die Namen sind aus den Anfangsworten der einzelnen Abschnitte ent­nommen, z. B.: 3 lech-lecha = I Mos. XII 1:

1.  בראשית ber’ešith 12.  ויחי wajechi 23.  פקודי pekûde
2.  נה noach 13.  שמות šemôth 24.  ויקרא wajikr’a
3.  לך לך lech-lecha 14.  וארא wa’ëra 25.  צו ṣaw
4.  וירא wajer’e 15.  בא b’o 26.  שמיני šemini
5.  חיי שרה chaje-sarah 16.  בשלח bešalach 27.  תזריע thasri‘a
6.  תולדת tholdôth 17.  יתרו jithrô 28.  מצורע meṣor‘a
7.  ויצא wajeṣ’e 18.  משפטיה mišpatim 29.  אחרי ’achare
8.  וישלח wajišlach 19.  תרומה therumah 30.  קדשיס kedôšim
9.  וישב waješeb 20.  תצוה theṣaweh 31.  אמר ’emôr
10.  מקץ mikeṣ 21.  כי תשא ki-ṭis’a 32.  בהר behar
11.  ויגש wajigaš 22.  ויקהל wajakhel 33.  בחקתו bechukoṭaï
34.  במדבר bamidbar 44.  דבריס debarim
35.  נשא nas’a 45.  ואתחנן wo'eṭchannon
36.  בהעלתך beh’aloṭecha 46.  עקב ‘ekeb
37.  שלח לך šelach-lecha 47.  ראח re’ch
38.  קרה korah 48.  שפטיס šoftim
39.  חקת chukkaṭ 49.  כי תצא ki-ṭes’e
40.  בלק balak 50.  כי תבוא ki-thobwa
41.  פינחס pinchas 51.  נצביס neṣabim
42.  מתות maṭôth 52.  וילך wajelech
43.  מסעי mass‘e 53.  האוינו h’aasinû



54.(23 Tišri) wesauṭ habrakah

Bei der Datierung wird der betreffende Wochentag der Perikope — sabbatisches Datum genannt — durch die Zahlen 1 bis 7 aus­gedrückt (Sonntag = 1). Die Datierung „4. Tag des Wochenabschnittes neṣabim im Jahre 5670“ heißt also: der Mittwoch jener Woche, auf deren Sonnabend die Vorlesung der Perikope 51 (neṣabim) fällt. Wenn wegen Festtagen die Vorlesung etwa um 1 oder 2 Wochen auf­geschoben wird, so gehören die 2 resp. 3 Wochen zu derselben Peri­kope und werden dann mit I, II, III bezeichnet, z. B. die eben erwähnte Datierung mit 4 neṣabim I, 4 neṣabim II, 4 neṣabim III. — Zur Bestimmung des jüdischen Datums solcher Angaben geben die Tafeln von Zuckermann, Mahler und Loeb entspre­chende Hilfsmittel. Bei Mahler, sucht man zuerst (S. 113—116) mittels des gegebenen Jahres der W. Ä. die Festkalendernummer auf und findet dann in den 14 Normalkalendern (S. 117—130) unter jener Nummer den Monats­tag, welcher dem gegebenen Wochentage der Perikope entspricht;

Ginzel, Chronologie II. 8

[114 VIII. Kapitel, Zeitrechnung der Juden.]

ähnlich verfährt man bei Zuckermann (Taf. I und VII). Bei Loeb nimmt man aus Taf. XII mittels des gegebenen Jahres den „Bestimmer“; die Taf. VIII gibt mit dem Bestimmer und der Perikope den gesuchten jüdischen Monatstag. In Schrams neuen Tafeln erhält man jedoch ohne weiteres mittels der „Kalenderzahl“ das entspre­chende Datum.

Eine ähnliche kalendarische Wichtigkeit für die Datierung haben auch die Sefira- oder ‘Omer-Tage, nämlich die Tage der sieben Wochen, die zwischen Passah und Wochenfest (15. Nisan bis 6. Siwan) liegen. Die Sefira-Tage werden nach der Ordnungszahl benannt, die ihnen zukommt: Sefira 1 ist der 16. Nisan, dem­gemäß 1. Ijar = 16. Sefira, 1. Siwan = 45. Sefira, 5. Siwan = 49. Sefira. Man datiert z.B. am 18. Sefira-Tage des Jahres 5669 W.Ä.; der 18. Sefira ist der S. Ijar 5669 W.Ä.; für letzteres Datum hat man aus Schrams Tafeln die julianische Tageszahl 2418421, welche dem gregorianischen Datum 24. April 1909 entspricht.

In den jüdischen Kalendern werden öfters auch die Haphtharen und Paraschen angegeben. Die ersteren sind Abschnitte aus den Büchern der Propheten, welche an den Sabbaten beim Morgengottes­dienste, an Feiertagen und am 9. Ab, und beim Nachmittagsgottes­dienste der Fasttage gelesen werden. Die Paraschen sind kleinere Textabschnitte der oben erwähnten sidra (der Thora); sie werden an den Festtagen, Neumonds- und Fasttagen gelesen; sie umfassen also je einige Verse der fünf Bücher Moses. Dem Inhalte nach stimmen die Paraschen mit den Haphtharen überein. Die neuen Tafeln von Schram lassen (S. 235—238) die zu den Kalendertagen gehörigen Haphtharen und Paraschen leicht finden, indem sie die dem betr. Tage zukommende Haphthare durch eine Zahl, die Parasche durch einen Buchstaben anzeigen. Beim 1. Tage des Laubhüttenfestes z. B. deuten die Bezeichnungen 68 p ε an, daß an diesem Tage in der Synagoge die Haphthare 68 = Sach. 14 (Kampf gegen die Völker, Sieg Gottes) und die Parasche   = III Mos. XXII 26 — XXIII 44 (Festvorschriften) und ε = IV Mos. XXIX 12—16 (bes. Opfer des Laubhüttenfestes) ge­lesen werden. Am sabbaṭ šekalim (dem Sabbat vor dem 1. Adar) werden die Haphthare 75 = II Kön. XII 1—17 und die Parasche i = II Mos. XXX 11—16 gelesen, usf.

Schließlich soll noch, um die großen Vorteile der neuen Schramschen Tafeln zu zeigen, der jüdische Kalender für die beiden ersten Monate des Jahres 5671 W.Ä. mittels dieser Tafeln entworfen werden. Wir haben mit Hilfe der Zahlen der S. 225 der Tafeln sofort die julia­nischen Tage der ersten beiden Monatsanfänge 1. Tišri = 2418949 und 1. Marchešwan = 2418979, sowie die dem Jahre 5671 entsprechende Kalenderzahl 3r. Die Zahl 2418949 gehört (nach S. 81, Gregor. Kal.) dem 4. Oktober, die Zahl 2418979 dem 3. November 1910 an. Die

[§ 159. Literatur. 115]

Division der beiden Tageszahlen durch 7 gibt die Reste 1 resp. 3, also für das erste Datum Dienstag, für das zweite Donnerstag1. Wir haben demnach

1. Tišri 5671 W. Ä. = 4.Okt.1910Dienstag
1. Marchešw. = 3.Nov.Donnerstag.

Die Verfolgung der 3. Kolumne S. 235 der Tafeln (Kal.-Zahl 3r) gibt sofort folgenden Kalender, in welchem ich die Sabbate mit ihren Perikopennamen in Klammern setze:

1.Tišri= 4.Oktbr. Dienstag1. Tag Neujahr} roš hašanah
2.5. Mittwoch2.  „   „ 
3.6. DonnerstagFasten Gedaljah
5.8. Sonnabendsabb. šubah {wajelech}
9.12. MittwochRüsttag, ‘ereb jôm kipûr
10.13. DonnerstagVersöhnungsfest
12.15. Sonnabend{h’aasinû}
14.17. MontagRüsttag ‘ereb sukkôth
15.18. Dienstag} Laubhüttenfest
16.19. Mittwoch
21.24. Montaghaš‘an’a rabba
22.25. DienstagLaubhüttenende, šemini asereth
23.26. MittwochGesetzesfreude, simchat tôrah
24.27. Donnerstag’isrû hag
26.29. Sonnabend{ber’ešith}
30.2.Novbr. Mittwoch1. Neumondstag
1.March.= 3. Donnerstag2.  „ 
3.5. Sonnabend{noach}
10.12. {lech-lecha}
17.19.
{wajer’e}
24.26.
{chaje sarah}
usf.


1) Die Wochentage erhält man auch direkt aus der Kolumne „Kalenderzahl“.

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