Die Zeitrechnung der Völker des nördlichen Asiens ist nicht genügend bekannt. Man kann aber bei Völkern, die so rauhe Erdstriche bewohnen und hauptsächlich auf Jagd, Fischerei und nomadische Lebensweise angewiesen sind, nicht viel von Zeiteinrichtungen erwarten. Die Länge des Jahres ist unbestimmt; es genügt diesen Stämmen, wenn die Monate dieselbe ungefähre Stellung gegen die Jahreszeiten behalten, damit sie die Zeiten der Jagd, des Fischfangs voraus schätzen können. Näheres über die Monate der sibirischen Völker ist erst durch die Reisen Georgis und insbesondere durch den Sprachforscher
(1813 — 52) bekannt geworden. A. hat die Monatsnamen nach diesen beiden Quellen, mit Zuziehung der Beiträge von , , , , u. a. gesammelt1. Alle diese Monatsnamen hier anzuführen, kann nicht ver-1) Neueres Material werden Interessenten vielleicht auch in den Schriften finden, welche von einigen russischen und sibirischen Universitäten und den ge- [Fortsetzung der Fußnote]
langt werden, da die Namen nur für die Sprachforschung ein hauptsächliches Interesse haben; außerdem ist die Deutung mancher noch unsicher oder fehlt bei einigen ganz. Ich werde unten die Monatsnamen bei 4 Stämmen angeben, um durch diese Beispiele die Art und Weise anzudeuten, nach welcher die Namen bei einigen Völkern gebildet sind. Vor allem muß aber hervorgehoben werden, daß aus den Namen der Monate für einige Stämme ein 13monatliches Jahr, für andere ein 12monatliches resultiert. Dreizehn Monatsnamen enthalten die Sprachen der Tschuwaschen, der ugrischen und Jenissei-Ostjaken, der Jenissei-Tataren, Karagassen, Burjäten, Tungusen; zwölf Monatsnamen dagegen finden sich bei den Samojeden, Jakuten, Kamtschadalen, den Aino und Aleüten. Betrachtet man die Wohnsitze dieser Stämme, so findet man, daß das 13monatliche Jahr einer Westgruppe, das 12monatliche einer Ostgruppe angehört. Die Ostjaken wohnen am Ob und Jenissei, die Jenissei-Tataren im Kreise Minussinsk am Jenissei, die Karagassen südlich von diesen am sajanischen Gebirge, die Burjäten östlich von den letzteren, zwischen Irkutsk und Transbaikalien. Auch die Jenissei-Tungusen scheinen noch zu den Stämmen zu gehören, welche 13 Monatsnamen haben; dagegen besitzen die Tungusen am ochotskischen Meer und unteren Amur, sowie die arktischen Samojeden, Jakuten, Kamtschadalen und die östlichen Inselbewohner (Sachalin, Kurilen, Aleüten) nur 12 Monatsnamen. Die Gruppe des 13monatlichen Jahres zieht sich also zusammenhängend bis zum Gebiete der mongolischen Stämme und wird im Norden und Osten von der bis zum großen Ozean reichenden Ostgruppe des 12monatlichen Jahres begrenzt. Der Gebrauch eines Jahres von 13 Monaten ist auf den ersten Blick absurd und scheint zur Erklärung das Mißverständnis vorauszusetzen, daß einer der 13 Namen auf den Namen des Schaltmonats zu beziehen sein könne. Allein bei diesen Völkern sind die Zeitelemente noch derart unentwickelt, daß man an eine Kenntnis der Schaltung gar nicht denken darf; anderseits ist uns aber die faktische Existenz eines 13monatlichen Jahres bei mehreren anderen, weitab wohnenden Naturvölkern durch ethnographische Forschungen verbürgt. Zur Erklärung bietet sich wohl die nächste und natürlichste Annahme, daß die „Monate“ jener Stämme nicht nach gewöhnlichem astronomischen Begriff, d. h. als gleichlange Teile der Zeit, kommensurabel den Umläufen der Sonne oder des Mondes, aufgefaßt werden sollen. Die „Monate“ sind vielmehr ungleich lange Intervalle, welche die Zeit zwischen zwei auffälligen Sonnenstellungen (z. B. wann die Sommersonne für jene nordischen Gegenden wieder über den
[Anfang der Fußnote] lehrten Gesellschaften Rußlands (in russischer Sprache) über die in Rede stehenden Völker veröffentlicht worden sind.
Horizont kommt) nur ungefähr ausfüllen; daß man ihrer dreizehn angenommen hat, liegt an zufälligen Verhältnissen, indem die klimatischen Veränderungen des Jahres und der damit verbundene Wechsel des Pflanzen- und Tierlebens an jenen Wohnsitzen etwa dreizehn Zeitpunkte darboten, deren Markierung dem Volke wünschenswert war. Es kann aber auch sein, daß es sich um 13 wirkliche Monate handelt, von denen der eine nach einem ungefähren System durch einige Jahre nicht mitgerechnet wird, wie wir dies bei anderen Stämmen, den Zentral-Eskimos und den nordamerikanischen Indianern (s. § 164) beobachtet finden. — Die Benennungen der Monate gehen von vielfachen Gründen aus. Hauptsächlich geben die klimatischen Wechsel und das sich daran knüpfende Pflanzen- und Tierleben den Anlaß. Die Kälte (großer und kleiner Kältemonat), die Schneedecke (Monat des Kommens und des Schwindens der Schneekruste, des Eisbruchs oder Fortschwimmens des Eises) spielen eine Rolle. Noch häufiger sind die Benennungen nach dem den Monaten eigenen Vegetationsbilde (Monat des frischen, des trockenen Grases, der Blüten, der Saat, Monat der Tenne, des Flachses, der Nessel, der Zwiebeln, der Beeren, der Fichten- und Birkenrinde, des Laubfalls) und nach den Haus- und Jagdtieren (Monate der Fische, des Syrok, des Lachses u. a., der Renntiere, Hirsche, Schafe, Pferde, die Jagdmonate der Seerobben, des Seelöwen u. a., die Monate der Vögel: der Krähen, der Seeraben, der Enten, der Meise, des Taucherhuhns usf.). Die Bezeichnung der Monate nach Ordnungszahlen ist selten, nur bei den Amurtungusen werden der 6. bis 10. Monat und bei den Jakuten der 5. bis 10. Monat durch die Nummer angegeben. Merkwürdig ist die Monatsbenennung bei den ochotskischen Tungusen: sieben Monate werden nach Gelenken des menschlichen Körpers benannt, und zwar der 5. bis 8. Monat nach den Gelenken der linken Seite in aufsteigender Reihe, und der 9. bis 11. nach Gelenken der rechten Seite in absteigender Weise. Als Illustration zu den Monatsbenennungen folgen hier die Monatsnamen der Jenissei-Ostjaken, Jenissei-Tataren, Burjäten und Jakuten:
Jenissei-Ostjaken. | Jenissei-Tataren. | Burjäten. | Jakuten. |
---|---|---|---|
1. Sommermonat |
1. Der milde M. |
1. Die Bäche frieren |
1. Laich-M. |
2. ? |
2. Kleine Kälte |
2. Wintervorrat |
2. Fichtenrinde -M. |
3. Die Enten mausern |
3. Große Kälte |
3. Reh-M. |
3. Gras-M. |
4. Die Quackerente mausert |
4. Bunter Monat |
4. Hirsch-M. |
4. Heugabel-M. od. der IV. M. |
5. Fang des Njelma |
5. Heftige Kälte |
5. Schaf-M. |
5. Der V. M. |
6. Die Weide verliert das Laub |
6. Die Sonne geht hoch |
6. Das Eis bricht |
6. Der VI. M. |
7. Wintermonat |
7. Die Vögel fliegen aus |
7. Frühlings-M. |
7. Der VII. M. |
8. Die Erde beginnt zu frieren |
8. Die Tage nehmen zu |
8. Gras-M. |
8. Der VIII. M. |
Jenissei-Ostjaken. | Jenissei-Tataren. | Burjäten. | Jakuten. |
---|---|---|---|
9. Renntierbrunst |
9. Der rote Monat |
9. Zwiebel-M. |
9. Der IX. M. |
10 Kleiner } Kälte- |
10. ? |
10. Milch-M. |
10. Der X. M. |
11. Großer } monat |
11. Birkenrinde-M. |
11. Melk-M. |
11. Die Füllen werden abgewöhnt |
12. Adlermonat |
12. Grasmonat |
12. Nachgras-M. |
12. Das Eis bricht |
13. Das Eichhorn kommt aus dem Neste |
13. Erntemonat |
13. Reif-M. |
Die Zeit des Jahresanfangs läßt sich nur zum Teil bestimmen und unterliegt einer erheblichen Unsicherheit. Die Monate erscheinen nach Halbjahren überliefert und gehen bald vom Sommerhalbjahre, auf welches 4—5 Monate gerechnet werden, bald vom Winterhalbjahre aus, welches 7—8 Monate umfaßt. Die Westgruppe mit dem 13monatlichen Jahr würde das Jahr überwiegend mit dem Sommer (etwa Mai) anfangen, nur die Jenissei-Tataren und Burjäten hätten Herbstanfang (Septemberbeginn), in der Ostgruppe kämen ebenfalls beide Arten von Jahresanfang vor.
Etwas bessere Nachrichten über die Zeitteilung besitzen wir dank der Erforschung der Amurländer durch
. Dieselben beziehen sich auf die Stämme der Giljaken (am unteren Amur, an der Küste des ochotskischen Meers und auf der Nordhälfte von Sachalin), der Oltscha (Mangunen, südlich von den Giljaken, am Amur) und der Golde (südlich von den Oltscha, bis zur Sungari-Mündung). Auch diese Völker haben wenige und unbestimmte Zeitbegriffe. Bei den Giljaken werden die Hauptzeiten des Tages, und zwar muw = Tag, urk = Nacht, tyt = Morgen, padf = Abend unterschieden und einige Zwischenzeiten durch Wörter, die sich auf den Sonnenstand beziehen, ausgedrückt. Zählungen oder Benennungen für die Monatstage oder für kleinere Intervalle existieren nicht, dagegen wird die Zwischenzeit von mehreren Tagen durch das Zählen der Nächte, die dazwischen liegen, angegeben. Eine ungefähre Kenntnis der Länge des Mondmonats scheint vorhanden zu sein, es sind auch Bezeichnungen für die Phasen des Mondes gebräuchlich. Die Aufeinanderfolge der Monate (long bei den Giljaken, bie bei den Oltscha und Golde) in der nachstehenden Zusammenstellung ist noch nicht ganz sicher. Die Monate im Innern und an der Ostküste von Sachalin differieren etwas gegen die an Sachalins Westküste und im Amurgebiete gebräuchlichen:Giljaken. | Oltscha u. Golde. |
---|---|
1. tscham-long
2. karr-long
3. tschrad-long
4. arkail-long
|
1. potkianko
2. nguiren
3. itschia
4. gusse
|
Giljaken. | Oltscha u. Golde. |
---|---|
5. walten-tengi-long
(od. kopengwa-l. und kittägtsch-l.) 6. tengi-wota-long
(od. pota-long) 7. matschn-tschrar-long.
8. lygi-wota-long
(od. pilja-tschrar-l.) 9. ngarwi-long
(od. tschitsch-ngar-l.) 10. oni-lami-long
(od. pottschawo-l.) 11. tlo-long
12. anj-long
|
5. agdsema
6. naudsema
7. chu-bie
8. chiela
9. niungun-bie
(d. i. der VI. Mond) 10. nadan-bie
(der VII. Mond) 11. dschakfun-bie
(der VIII. Mond) 12. chujun-bie
(der IX. Mond) 13. dschoan-bie
(der X. Mond) |
Welcher Monat den Anfangsmonat des Jahres bildet, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Der 12. anj-long bei den Giljaken heißt „Jahresmonat“, kann möglicherweise der letzte des Jahres sein, kann aber auch nur den Abschluß eines Halbjahrs vorstellen; tscham-long deutet auf Vögel (Adler?), die Monate 6 und 8 können auf die Zeit des Lachsfanges (Herbst) Beziehung haben. Bei den Oltscha und Golde fängt das Jahr wahrscheinlich mit dieser letzteren Zeit, September-Oktober, an, wenn der Lachsfang im Amur beginnt; hiermit würde die Folge der Monate nguiren und itschia stimmen, welche kalte Monate sind, und die Folge der weiteren drei (4, 5, 6), während welcher das Eis wieder bricht. — Jahreszeiten unterscheiden diese Stämme nur zwei, Winter und Sommer; auf den ersteren werden 7 Monate, auf den letzteren 5 gerechnet; Ausdrücke für Herbst und Frühling werden (den schnellen Übergangszeiten des Klimas entsprechend) selten erwähnt.
Von einem Einflüsse des benachbarten chinesischen Kulturreiches auf die Zeitrechnung der südsibirischen Stämme kann, wie man sieht, kaum die Rede sein; jedoch wäre der Ursprung der Monatsnamen bei den Oltscha und Golde aus dem Mandschu möglich. Auf der Insel Formosa sollen sich die Ureinwohner (Tschin-huan), obwohl sie von einer zivilisierten chinesischen Bevölkerung umgeben sind und obgleich die Insel schon seit nahezu 5 Jahrhunderten China untersteht, noch fast ganz ohne Zeitbegriffe befinden.
Wir kehren nun zu der Zeitrechnung auf den südostasiatischen Inseln zurück, die wir in § 121 des I. Bandes mit Java, Bali, Timor verlassen haben. Es wurde dort bemerkt, daß die Bewohner des Tenggergebirges auf Java und die Baliinsulaner zwölf
Monate zählen, deren beide letzten abweichend von den zehn anderen benannt werden (auch die Batta Sumatras haben für den 11. und 12. Monat besondere Worte, während die ersten 10 wie bei den Tengger und Bali durch Ordnungszahlen angegeben werden). Wegen dieses Umstandes wurde die Frage notiert (I 425), ob das altjavanische Jahr, von welchem die eben genannten anderen Jahre ausgegangen sind, nicht ursprünglich nur 10 Monate gehabt hat. Da man auch für Polynesien ein ehemaliges 10monatliches Jahr vermutet hat, so soll hier die Erklärung von
Platz finden, wie die abweichende Bezeichnung des 11. und 12. Monats und damit die Voraussetzung eines 10monatlichen Jahres hat zustande kommen können. Das altjavanische Landbaujahr zerfällt in 12 ungleich lange Abschnitte, mangsa, deren Namen sind (vgl. I 421): kasa, karo, katiga, kapat, kalima, kanem, kapitu, kawolu, kasanga, kasapula, desṭa, saḍa. Die Namen 1—10 sind die javanischen Ordnungszahlen; die letzten beiden, desta, sada entsprechen den Sanskritnamen Jyeshṭha und Âshâdha (vgl. I 339). Die ursprünglichen Namen für diese letzten beiden, welche also dem 11. und 12. mangsa zukommen, waren hapit lemaḥ resp. hapit kayu, sie sollen bis ins 11. Jahrh. n. Chr. zurückreichen. Die Zeitgrenzen der mangsa werden in den alten mangsa-Kalendern durch die Stellungen des „Pflugs“ d. i. des Gürtels des Orion und der Karatika (= kṛittikâ, Plejaden) angegeben, da diese die Zeiten gewisser Phasen der landwirtschaftlichen Tätigkeit bezeichnen. Das Jahr fängt an, d. h. der 1. mangsa, nämlich kasa beginnt, wenn der Orion, nachdem er unsichtbar gewesen, wieder kurz vor Sonnenaufgang am Morgenhimmel zum Vorschein kommt; dann ist es Zeit zum Anbau der zweiten Saat. Da die Periode der Unsichtbarkeit des Orion in den Mai und Juni fällt, also etwa 2 Monate dauert, trifft kasa auf den Juli1. Der 3. mangsa, katiga, fällt September, um diese Zeit kulminiert Orion schon in den Morgenstunden; in dem späteren kalima (November) steht Orion bei Sonnenaufgang bereits am Westhorizont; im kapitu (Januar) sieht man ihn wieder am Osthorizont, aber bei Sonnenuntergang; er bleibt dann noch sichtbar bis zum kasapula (April). In dieser ganzen Periode der1) Für die Breite von Java und 1200 n. Chr. sind etwa folgende Sichtbarkeitsverhältnisse des Orion in Rechnung zu ziehen: Im Juli geht Orion gegen 4h morg. auf, im August, September, Oktober rückt sein Aufgang weiter in die Nacht zurück, im Oktober geht er schon 10h abends auf. Die Wintermonate sind für die Sichtbarkeit am günstigsten, im November, Dezember, Januar bleibt Orion die ganze Nacht sichtbar. Später, im Februar, März, April, Mai geht er immer früher am Tage auf und bleibt im April noch bis 10h abends sichtbar. Im Mai und Juni geht er fast mit der Sonne auf und unter und ist kaum sichtbar. Die Aufund Untergangszeiten der Sonne liegen für Java zwischen 6 1⁄4—5 3⁄4h morgens resp. abends. Die Plejaden gehen ungefähr 2 Stunden vor dem Orion auf und unter.
ersten zehn mangsa, d. h. vom Juli bis April werden die Felder bewirtschaftet, die Ernte der 2. Saat fällt auf kapat (Oktober), der ersten auf kasapula (April). Mit dem Schluß der Reisernte, wenn die Regenzeit vorüber ist (Mai—Juni), fängt die tote Zeit an, in welcher die Feldarbeit stille steht. Sie trifft also auf hapit lemah und hapit kayu d. h. auf die mangsa 11 und 12; während derselben ist Orion unsichtbar. Für das mangsa-Jahr, das Jahr der Feldarbeiter und Gärtner, kamen also eigentlich nur die ersten 10 mangsa in Betracht; man rechnete im Landanbau somit nur mit 10 Monaten und betrachtete die tote Zeit (di-apit = die eingeschlossene Zeit), welche durch Abwesenheit des Pfluggestirns angezeigt wurde, etwa 13 Marktwochen, nur als eine Ergänzung, um mit dem Wiederauftauchen des letzteren wieder das Jahr beginnen zu können. Mit dem Eindringen der indischen Kolonisation wurde es üblich, 12 Monate zu zählen, und man benannte daher die nicht mitgezählten beiden letzten mangsa mit Sanskritnamen.
Auf Java wurden ehemals die Anfangszeiten der mangsa, wie I 420 bemerkt ist, mittels eines primitiven Gnomons bestimmt. Man stellte einen Stab senkrecht auf eine horizontale Fläche und gab aus den mit den Jahreszeiten wechselnden Längen des Schattens die Anfangszeit der mangsa an. Die Kindjin Dajak in Zentral-Borneo (unter 2 1⁄2° n. Br.) bedienen sich der Schattenlänge zur Bestimmung der mangsa jetzt noch. Vor jedem Kampong befindet sich ein solcher Gnomon, und zwar ein mit Einkerbungen versehener Stock (tong) aufgestellt. Die Länge des tong ist ungefähr jener gleich, die bei einem Manne von Daumen zu Daumen bei ausgestreckten Armen gemessen wird. Um den senkrecht gestellten tong zieht man einen Kreis, so daß dessen Halbmesser dem längsten Schatten gleichkommt; den einzelnen Schattenlängen der 12 mangsa entsprechen die Einkerbungen an dem Stabe, indem man die ersteren durch die vom Schultergelenk bis zu einzelnen Gelenken des Armes gerechneten Längen ausdrückt. Die mangsa haben besondere Namen; der erste beginnt, wenn die Schattenlänge gleich Null, der zweite (batak turing), wenn die Schattenlänge dem halben Oberarm gleichkommt, der dritte (batak salap), wenn der Schatten zwei Drittel des Oberarms erreicht usf. Die Länge des Jahres kommt auf diese Weise einem rohen Sonnenjahre ziemlich nahe. Die Dajak besitzen auch Ausdrücke, welche die Tageszeit bezeichnen, wie bulua dau = Mittag, matendau mending = Mitternacht; der Mond heißt bulan, der Vollmond kamat ( ). — Bei anderen Dajak-Stämmen Borneos, besonders bei einigen, welche Reisbau betreiben, erreicht die Jahrform kaum die eines in sich abgeschlossenen Naturjahrs, da hauptsächlich nur mit den Hauptzeiten der Reiskultur gerechnet wird; so unterscheiden die Bahau acht
Ginzel, Chronologie II. 9
Perioden für die Arbeiten auf den Reisfeldern, von denen die längste Periode, etwa 5 Mondumläufe, auf die Reifezeit des Reis gerechnet werden. Einen kalendarisch bestimmten Zeitpunkt hat man nur für den Beginn der Saat, das tugal (Saatfest). Die Priester der Stämme am Mahakam-Flusse, sowie auch diejenigen anderer Bezirke geben die Zeit des Saatfestes dadurch an, daß sie den Tag abwarten, an welchem die Sonne an einem bestimmten Punkte des Horizontes untergeht, den sie aus der Tradition ihrer Vorfahren kennen. Um diesen Punkt immer leicht zu finden, stellen sie zwei Steine so hintereinander auf, daß die Gesichtslinie über dieselben nach jenem Sonnenuntergangspunkte zeigt, der den Beginn der Saatzeit angibt; andere benützen gewisse Berggipfel oder örtliche Zeichen zu diesem Zwecke. Ein zweites Fest, das dangei, leitet den Beginn des neuen Reisjahres ein und fällt auf das Ende der Ernte, in den Juni; das tugal findet im September oder Oktober statt. Beide Feste sind mehrtägig und werden, wenn sie infolge von Mißernten nicht etwa ausfallen, ziemlich regelmäßig gefeiert (
). Die Monate Juli und August, von der Ernte bis zum Wiederbeginn der Feldbewirtschaftung, scheinen als tote Zeit in der Jahresrechnung ebensowenig berücksichtigt zu werden, wie früher auf Java der Mai und Juni.