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[280 X. Kapitel. Zeitrechnung der Römer.]

§ 186. Das erste julianische Schaltjahr.

Die Streitfrage, ob das erste julianische Jahr 709 u. c. ein Ge­meinjahr oder ein Schaltjahr war, wird von den meisten neueren Chronologen (Unger, Holzapfel, Göler, Groebe, Matzat) folgender­maßen beantwortet: Das Jahr 709 = 45 v. Chr. war kalendarisch ein Gemeinjahr von 865 Tagen, da es am 2. Januar 45 begann (s. § 184) und das nächste Jahr 710 am 1. Januar 44 anfing; in bezug auf den vierjährigen Schaltzyklus Caesars, welcher der julianischen Datierung zugrunde liegt, ist es aber ein Schaltjahr1. Th. Mommsen, Ideler (welcher die Frage für gleichgültig hielt, da die Caesarische Regel von Anfang an doch nicht eingehal­ten worden ist, s. § 189) und Soltau erklärten das Jahr 709 für ein Schaltjahr von 366 Tagen, in beschränkendem Sinne auch Böckh. Der letztere, welcher die erste 4jährige Schaltperiode mit dem März 709 anfangen läßt, war der Meinung, Caesar habe schon in dem vorher­gehenden Februar, also am Ende des vom März (dem alten Jahresanfänge) 708 bis März 709 laufenden Zyklusjahres, einen Schalttag eingelegt, um dieses Jahr dem neuen Schaltzyklus anzupassen; insofern hatte das vom 1. Januar gezählte erste julianische Jahr 709 einen Schalttag. Indessen kann eine solche Schaltung nicht zugegeben werden (Unger). Im Jahre 713 u. c. wurde nach Dio Cassius ein Schalttag eingelegt, um das Zusammen­fallen der Nundinen mit dem nächsten 1. Januar (714) zu verhindern, letzterer fiel also einen Tag nach der Nundine; anderer­seits fiel der 1. Januar 702 auf eine Nundine (s. § 188). Die Summe der Zwischentage von 702—708 beträgt 2598 (s. S. 273). Die weiteren Jahre 709—713, drei Gemeinjahre und 2 Schaltjahre, wobei wir für 709 wie oben angenommen 365 Tage rechnen, ergeben 1827 Tage, somit das Intervall zusammen 4425 Tage. Diese Zahl durch 8 (die Zahl der 8tägigen Marktwoche) dividiert, gibt den Rest 1. Da aber der 1. Januar 714 (s. oben) auf den der Nundine folgenden Wochen­tag kam, während der 1. Januar 702 auf eine Nundine fiel, müssen die zwischen beiden Daten enthaltenen Tage ein Vielfaches von 8 Tagen mehr einen Tag darstellen, was eben bei der Voraussetzung der Fall ist, wenn das Jahr 709 zu 365 Tagen gerechnet wird. — Auch wenn man diesen Beweis nicht gelten lassen will, folgt aus der (§ 183) gefundenen Gleichung Kal. Ian. 709 = 2. Januar 45 v. Chr. für 709 u. c. ein Gemeinjahr von 365 Tagen.

Daß Caesar den Schalttag selbst noch nicht eingelegt, sondern dies vielmehr den Pontifices überlassen oder diese damit beauftragt


1) Böckh formuliert und beantwortet die möglichen Fragen in: Üb. d. 4jährigen Sonnenkreise der Alten, S. 343—378.

[§187, Die julianischen Jahreszeiten. 281]

hat (das Edikt ist nicht erhalten), geht aus den Worten des Censorinus (am Schluß der S. 275 Anm. 4) mitgeteilten Stelle hervor: ex hoc anno (709) ita a C. Iulio Caesare ordinato ceteri ad nostram memoriam Iuliani appellantur eique consurgunt ex quarto Caesaris consulatu (vorher bezeichnet er dieses Jahr als 365tägig, s. unten); ebenda heißt es: instituit ut peracto quadriennii circuitu unus dies intercalaretur, also wird die Einschaltung nur verordnet, nicht von Caesar selbst vorgenommen. Caesar wollte wohl an dem früheren Sinn des Schaltens festhalten, und der Schalttag sollte erst dann eingelegt werden, sobald dieser durch die 4 Vierteltage zu einem Einschalttage angewachsen war. Als Ort der Schaltung wählte er in dem bisherigen Schaltmonat Februar die Terminalien; von da ab oder vielmehr 1. Martius lief der Schaltzyklus. Da aber Caesar den Neujahrstag auf den 1. Ianuarius setzte, war im Anfangsjahre 709 u. c. noch kein Anlaß, schon einen vollen Tag in dieses Jahr einzulegen und es zum Schaltjahre zu machen.

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