Die achttägige Marktwoche (nundinae) wurde schon S. 175 f. erwähnt, ebenso der damit verbundene kalendarische Aberglaube. Der letztere war zweifacher Art. Einesteils sollten die Nundinae nicht mit den Nonen zusammenfallen, anderseits sollte das Zusammentreffen
der Nundinen mit dem Neujahr (Kal. Ian.) vermieden werden1. Der erstere Aberglaube, man habe das Zusammentreffen der Nundinen mit den Nonen der Monate verhindert, würde fortwährende Änderungen des Kalenders notwendig gemacht haben. Man hätte ( ) außer dem gewöhnlichen Schalttage noch andere in einzelne Monate einlegen und diese Schalttage wieder durch Ausschaltungen kompensieren müssen, was man sich höchstens für die ältere Zeit vorstellen kann. (LX 24) meldet zum Jahre 797 u. c. = 44 n. Chr. eine solche Verschiebung, mit dem Beifügen, daß solche Willkür bisweilen vorgekommen sei. Die neueren Chronologen verhalten sich gegenüber der Nachricht des skeptisch und glauben, daß der Aberglaube erst in der Kaiserzeit entstanden ist, wozu sie umso eher berechtigt sein werden, da sich zu s Zeit keine solche Verschiebungen im Kalender zeigen.
Über den anderen Aberglauben, nach welchem das Zusammentreffen der Nundinen mit den Neujahrstagen vermieden worden sei, sind die Meinungen geteilt. Während manche auf Grund der Mitteilung des S. 246, 262) ausgeübt worden sein kann. Ein solches Zusammenfallen der Nundinen mit den Kal. Ian. wird von 3 mehrfach, aber nur aus verhältnismäßig später Zeit berichtet. Das Jahr 702 u. c. = 52 v. Chr. war ein solches Jahr; der Zeit nach später wird das Zusammenfallen der Nundinen mit dem Neujahr während des Lepidustumultes liegen ( s. unt. Anm. 1) ;
2, jener Aberglaube sei von jeher berücksichtigt worden, ein hohes Alter dafür annehmen und eine Stütze darin sehen, daß man den Pontifices die freie Handhabung der Schaltung zugestanden habe, weisen und jene Annahme ab: habe betreffs der Neujahrstage und Nundinen einen erst in der Kaiserzeit aufgekommenen Gebrauch irrtümlich auf die frühere Zeit übertragen. glaubt, daß überhaupt dieser Aberglaube erst seit 601 u. c. = 153 v. Chr., wo der Anfang des Amtsjahres auf den 1. Ianuar kam (s.1) Sed cum saepe eveniret, ut nundinae modo in anni principem diem, modo in nonas caderent — utrumque autem perniciosum rei publicae putabatur — remedium, quo hoc averteretur, excogitatum est, quod aperiemus, si prius ostenderimus, cur nundinae vel primis Kalendis vel Nonis omnibus cavebantur. (17) nam quotiens incipiente anno dies coepit, qui addictus est nundinis, omnis ille annus infaustis casibus luctuosus fuit, maximeque Lepidiano tumultu opinio ista firmata est. [Der folgende Satz (18) hat keinen Zusammenhang mit den vorigen und ist wahrscheinlich eingeschoben, s. die Erklärungen bei , R. Chr. 108—110.] Darauf folgt der schon S. 245 mitgeteilte Satz (19): unde dies ille ......
I 13, 16.2) XLVIII 33, 4: ἀπὸ τοῦ πάνυ ἀρχαίου σφόδρα ἐφυλάσσετο.
3) XL 47, XLVIII 33.
sicher fielen 711 u. c. = 43 v. Chr. die Nundinen auf den 1. Januar1, und 714 u. c. = 40 v. Chr. wurde nach in medio Terminaliorum [et Regifugii] vel mensis intercalaris) einen Tag ein und ließ einen des nächsten Jahres dafür aus.
bestimmt ein Tag eingeschaltet, damit der Anfang des nächsten Jahres nicht auf die Nundinen treffe. Wie man bei solchen Verschiebungen vorging, ist aus den Worten des nicht ganz klar; wahrscheinlich schaltete man im vorhergehenden Jahr (nachDie Herstellung eines Zyklus der Nundinen kann, da zureichende Anhaltspunkte fehlen, nur ganz hypothetisch vorgenommen werden. Gehen wir von dem sicheren Datum 711 u. c. Kal. Ian. = 43 v. Chr. 1. Januar aus (s. oben), auf welches Datum eine Nundine fiel, so erhalten wir als Datum der nächstvorhergehenden Nundine 24. Dezember 44 v. Chr., die zweitvorhergehende am 16. Dezember usf., die erste Nundine des Jahres 44 v. Chr. also am 6. Januar, die erste des Jahres 45 v. Chr. am 4. Januar usw., wenn dabei die Jahreslängen angenommen werden, welche § 183 resultierten. Die Nundinen ändern also fortwährend ihre Stellen in den Monaten und Jahren; da aber in 32 julianischen Jahren = 11688 Tagen gerade 1461 Nundinen enthalten sind, so erhalten wir einen 32 Jährigen Zyklus, nach dessen Ablauf die Nundinen wieder (wenn das julianische Jahr ungestört bleibt) auf dieselben Tage fallen. Der erste von 43 v. Chr. 1. Januar rückwärts gerechnete Zyklus lautet danach wie folgt, wobei die Zahlen neben den Jahren als Daten der ersten Nundinen in den Monaten Ianuar und Juli zu verstehen sind:
v. Chr. | Ian. | Iul. | v. Chr. | Ian. | Iul. | v. Chr. | Ian. | Iul. | v. Chr. | Ian. | Iul. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
74 | 4 | 7 | 66 | 2 | 5 | 58 | 8 | 3 | 50 | 6 | 1 |
73 | 7 | 1 | 65 | 5 | 7 | 57 | 3 | 5 | 49 | 1 | 3 |
72 | 1 | 4 | 64 | 7 | 2 | 56 | 5 | 8 | 48 | 3 | 6 |
71 | 4 | 7 | 63 | 2 | 5 | 55 | 8 | 3 | 47 | 6 | 1 |
70 | 7 | 2 | 62 | 5 | 8 | 54 | 3 | 6 | 46 | 1 | 4 |
69 | 2 | 4 | 61 | 8 | 2 | 53 | 6 | 8 | 45 | 4 | 6 |
68 | 4 | 7 | 60 | 2 | 5 | 52 | 8 | 3 | 44 | 6 | 1 |
67 | 7 | 2 | 59 | 5 | 8 | 51 | 3 | 6 | 43 | 1 | 4 |
Die nächsten Zyklen nach rückwärts würden 106, 138 v. Chr., die nächsten nach vorwärts 42, 10 v. Chr., 23, 55, 87 n. Chr. anfangen. Wenn das Datum der Jahresanfänge bekannt ist (wie S. 273), kann man das hypothetische Datum jeder gegebenen Nundine ermitteln. Die 15. Nun-
1)
zu , Fasti, p. XXXII.dine des Jahres 706 u. c. = 48 v. Chr. würde, da die erste Nundine 48 v. Chr. (s. Tafel) auf den 3. Januar fällt, das Jahr 706 aber schon am 3. November 49 angefangen hat, also bereits 7 Nundinen gelaufen sind, auf den 28. Februar kommen.