Das tiefere Eindringen der Wissenschaft in das griechische Zeitrechnungswesen, speziell in das attische, beginnt erst mit den Arbeiten von
. , und haben die Hauptfragen, wie das Schaltungsprinzip der Zyklen, den Jahresanfang usw. festzustellen versucht; gab, auf diesen Autoren und den Quellen fußend, eine neue wohldurchdachte Gesamtdarstellung des Gebietes der griechischen Chronologie. Allein heute ist dieses Kapitel des schen Werkes, obwohl hier und da noch benutzt, gegen den Stand der Forschung ganz veraltet; insbesondere ist die Annahme, daß der sche Zyklus und jener des faktisch in der ihnen von gegebenen Konstruktion in die attische Zeitrechnung eingeführt worden seien, zweifellos zu verneinen. Kaum 20 Jahre nach dem Erscheinen des Handbuchs von kam 1 durch die Zinsberechnungen aus überlieferten Urkunden zu dem Schlüsse, daß der Zyklus des bis Ol. 112, 3 nicht in Athen eingeführt worden sein kann. Außerdem schuf er wichtige Einblicke in die griechische Zeitrechnung durch seine kritische Bearbeitung der bis dahin vorliegenden Inschriften; den Kallippischen Zyklus ließ er bestehen und versuchte auch, die (damals neuen) Doppeldatierungen mit Hilfe beider Zyklen zu erklären. In den Vierjährigen Sonnenkreisen der Alten (1863) behandelte er die für einzelne Fragen wichtigen Ansätze der Jahrpunkte bei den griechischen Chronologen, die Reduktion der Zodiakalangaben und ihre Vergleichung untereinander. Inzwischen hatte die Trizesimal-Oktaëteris s zu erneuern versucht, und glaubte s Ansicht, daß sowohl der Zyklus1) Zur Geschichte der Mondzyklen der Hellenen (Jahrb. f. klass. Philol. Suppl. Bd. I, N. F., 1855); Epigraphisch-chronologische Studien (ebd. Suppl. Bd. II, 1856). — Diese beiden grundlegenden Abhandlungen werden von mir der Kürze wegen in der Folge als Mondzykl. I und II bezeichnet.
s wie der des sogleich nach ihrer Aufstellung angenommen worden seien, halten zu können. bekämpfte beide Autoren, und die damals von (1852) und (1854) erlangten Resultate kamen dabei seiner Meinung zu Hilfe. Späterhin ist mit seinen Schriften immer mehr in den Vordergrund getreten und hat seine früheren Ansichten geändert; in den Hauptfragen ist er bis zu seiner Chronologie (1883) bei seinen früheren Annahmen verblieben. Obwohl Verschiedenes davon nicht mehr haltbar ist, bleibt Mitarbeiterschaft als die eines genauen Kenners der Inschriften für die Chronologie von Wert, namentlich aber sind seine Arbeiten über die griechischen Feste verdienstvoll. Von anderweitigen Beiträgen aus der damaligen Zeit sind die von , , und zu nennen; das Gebiet der nichtattischen Kalender wurde von (1844) begründet, von (1845) mit neuen Beiträgen versehen und in sehr erfolgreicher Weise in der neueren Zeit namentlich von u. a. ausgebaut. Um 1875 entwickelte neue Anschauungen über verschiedene Fragen der griechischen Zeitrechnung, insbesondere über die von gebrauchte Rechnung, im Anschluß an welche er für das 5. und einen Teil des 4. Jahrh. ein System aufstellte. Dieses fand wie die wenig später von entworfenen Hypothesen Widerspruch, besonders als sich (um 1883) in die Reihe der Kämpfer gestellt hatte. Um 1886 waren die Anschauungen der Forscher so weit geklärt, daß sie in der Mehrheit darin übereinstimmten, der sche Zyklus habe nur in veränderter Form und der Kallippische überhaupt keinen Eingang in die Zeitrechnung gefunden; in den Prinzipien der für diese Zyklen als Ersatz aufzustellenden Systeme differierten aber die Chronologen, desgleichen in den Spezialfragen. vertrat ungleiche und willkürliche Verteilung der Prytanien, während eine gleichmäßige Verteilung und überhaupt ungestörten Gang der Zeitrechnung behauptete, im Gegensatze zu , welcher zahlreiches willkürliches Eingreifen der Archonten in die Datierung annahm. hat seine Meinungen wiederholt modifiziert. Wo im folgenden von der Chronologie s die Rede ist, bezieht sich dies auf die von ihm zuletzt in der Zeitrechnung der Griechen u. Römer1 zusammengefaßte Darstellung. Letztere zeichnet sich durch Kürze und knappe Form aus, bietet aber hauptsächlich nur s eigene Ergebnisse dar und nimmt nicht viel Rücksicht auf die Forschungen anderer; dadurch wird sie für den der Sache Fernstehenden nicht sehr geeignet. s Handb. d. griech. Chronol. (1888) be-
1) Handb. d. klass. Altert.-Wissensch., I. Bd., München 1892, S. 715—778.
handelt in gründlicher (oft zu breiter) Weise alle Partien der griechischen (vornehmlich attischen) Chronologie ; namentlich in Beziehung auf die Inschriften bietet es bis 1886 eine nahezu vollständige Sammlung und Erörterung derselben. Durch die Sicherheit, mit welcher dort Detailfragen vorgetragen werden, zu deren Beurteilung das chronologische Material unserer Zeit noch nicht ausreicht, darf man sich allerdings nicht täuschen lassen. Seit der Veröffentlichung der genannten Hauptwerke von
, und ist Ruhe in dem Streite der Meinungen eingetreten; zwar sind seitdem einzelne Fragen behandelt worden, unter denen die von (1894) über das Amtsjahr die interessanteste war, aber eine von neuen Prinzipien ausgehende und die ganze griechische Chronologie treffende Bearbeitung hat niemand mehr versucht. Die richtige Erkenntnis, daß die eventuelle Aufstellung eines neuen Systems in Anbetracht der uns gegenwärtig zur Verfügung stehenden Zahl von brauchbaren oder zuverlässig ergänzten Inschriften wahrscheinlich doch keine bessere Darstellung der überlieferten Datierungen ergeben würde, als die bisher aufgestellten Systeme, hat einen solchen Versuch bisher zurückgehalten. Gegenwärtig scheinen sich für ein solches Wagnis günstigere Bedingungen vorzubereiten. Einerseits wird die Herausgabe der neuen Bände des Corp. Inscript. Atticarum nicht nur eine große Menge neuen Materials zutage fördern, sondern auch die sorgfältigere Bearbeitung älterer, schon früher publizierter Inschriften manche bessere Erkenntnis möglich machen. Anderseits ist die Neuzeit im Begriffe, ein für den Chronologen ungemein störendes Hindernis zu beseitigen: die Unsicherheit der Archontenjahre des 3. und 2. Jahrh. v. Chr. Bis vor kaum 10 Jahren waren ganze Reihen von Archonten dieses Zeitraums auf Jahrzehnte unsicher. Dieser Umstand verhinderte, daß man die Inschriften auf die richtigen Jahre beziehen konnte; und dieser Umstand wiederum hat die Unsicherheit erzeugt, ob die für das 3. und 2. Jahrh. aufgestellten chronologischen Systeme in Wirklichkeit überall zutreffen mögen. Die chronologisch dunkelste Zeit ist das 1. Jahrh. v. Chr. und darüber hinaus; hierüber hat nur seine „freie Oktaëteris“ zu geben gewagt. Durch die Bemühungen einer großen Zahl von Gelehrten seit und , unter welchen , , u. a. zu nennen, an deren Spitze aber jetzt und zu stellen sind, hat auch das Gebiet der Fixierung der Archonten den erwünschten Aufschwung genommen und man darf voraussagen, daß die hier erlangten Resultate bald auch der griechischen Chronologie zugute kommen werden.In der folgenden Darstellung des griechischen Zeitrechnungswesens (welche sich hauptsächlich auf die Chronologie der Athener
erstreckt) habe ich das Hauptgewicht darauf gelegt, dem Leser bei den einzelnen Fragen das Für und Wider der Meinungen in den Punkten, auf die es ankommt, vorzuführen und ihn auf die Vorzüge und Schwächen der einzelnen Ansichten aufmerksam zu machen. Zu dieser Absicht ist das Studium der sehr umfangreichen Literatur nötig gewesen; letztere findet man in § 220 zusammengestellt; sie wird zur Einarbeitung in die einzelnen Spezialkapitel ausreichen. Ferner soll der Leser möglichst schnell in die praktische Anwendung der Systeme von , , , eingeführt werden, und zwar ohne daß er auf die Werke dieser Autoren zurückzugreifen braucht, zu welchem Zwecke eine größere Zahl von Tabellen in den Text eingefügt werden mußte.
Betreffs der Hilfsmittel für die griechische Chronologie bemerke ich, daß von den Schriftstellern hauptsächlich
, , auch und in Betracht kommen, ferner die historischen Tatsachen, welche , , u. a. berichten, wegen astronomischen Materials auch . Die Hauptsache aber bildet das epigraphische Material. Die beiden Hauptwerke hierfür sind das Corpus Inscriptionum Graecarum (seit 1828) und das Corpus Inscriptionum Atticarum (seit 1873) sowie die Antiquités helléniques (1842. 1855), ferner befindet sich viel inschriftliches Material in den wissenschaftlichen Zeitschriften Bulletin de correspondance hellénique (seit 1877), Athenaion (seit 1872), in der Ephemeris archaiologike (seit 1883), den Mitteilungen des Kais. Deutschen archäol. Institutes in Athen (seit 1876) u. a. O.