Seit der Reform des Zeitrechnungswesens durch ἱερομηνίαι) sollten alle Geschäfte ruhen, keine gerichtlichen Verhandlungen und Maßnahmen stattfinden, Volks- und Ratsversammlungen sollten ausgesetzt werden. Deshalb behandelte man mit der Zeit die weniger wichtigen Festtage, besonders solche, die mehr einzelne Teile des Volks, Korporationen oder nicht allgemeine Kulte angingen, wie Werktage. Zu einem Teile der in Athen und der zahlreich im übrigen Griechenland üblichen Feste trugen die Staaten wie Privatleute die Kosten bei; diese Feste sind die eigentlichen, durch Aufhebung der öffentlichen Geschäfte charakterisierten Staatsfeste. Bei vielen anderen und den mehr lokalen bestritten die einzelnen Demen die Kosten der Opfer.
, die sich auch auf gottesdienstliche Anordnungen erstreckte, nahm die Zahl der Feste, welche die Athener im Jahre feierten, rasch zu; im 5. Jahrh. hatten sie so viele Feste, daß eine allgemeine Feier derselben sowohl die Arbeit des Volks als auch die öffentlichen Angelegenheiten gefährdet hätte1. In den heiligen Monatszeiten (In der folgenden kurzen Übersicht lasse ich die attischen Feste vorangehen, und zwar zuerst diejenigen, welche uns ihrer Zeit nach entweder ganz sicher oder doch ungefähr bekannt sind2.
1) Ἀϑην. πολιτ. III, 2, 8: „Die Athener haben mehr Feste, ja doppelt so viele als irgend ein anderer hellenischer Staat, wodurch den Geschäften vielfach Abbruch geschieht. Denn an den Festtagen ist es weniger möglich, ein Staatsgeschäft zu betreiben; auch haben sie Feste zu feiern, an welchen es unmöglich ist, Gericht zu halten.“ — Die Zahl solcher Feiertage wird auf 50—60 geschätzt.
2) Zu den erhalten gebliebenen Nachrichten über die griechischen Feste gehören die Bruchstücke der Schriften des
(um 400 v. Chr.), (4. Jahrh.?), (4. Jahrh.), (Ende des 4. Jahrh.), (4. Jahrh.), (300 v. Chr.), (1. Jahrh.), (?).Zu den attischen Festen, deren Datum unbekannt ist oder nur vermutet wird, gehören folgende:
1) Auf den 17. Anthest. fällt das um 35 v. Chr. von
dem Dionysios gestiftete Fest der Antonien (Corp. Inscr. Att. II 1 no. 482).Die attischen Feste bieten zum Teil, wie bei den Römern (s. S. 184 f.) eine agrarische Beziehung: nicht wenige sind Naturfeste, die an die Jahreszeiten geknüpft sind und in den letzteren von jeher einen ungefähren Platz gehabt haben müssen, da sonst ihre Feier unmöglich geworden wäre. Diese Naturfeste waren etwa folgende: Ende Juli (im Hekatombaion) das uralte Fest der Sommerernte; hierauf folgen in den Weinmonaten September und Oktober (Boëdromion und Pyanepsion) die eleusinischen Mysterien, die Oschophorien, im Dezember (Poseideon) als Schluß des Weinkelterns die ländlichen Dionysien; die Einholung des Dionysosbildes bei den großen Dionysien im März (Elaphebolion) kündigte den endgültigen Sieg des Frühlings über den Winter an; alsbald folgten, da das eisfreie Meer nun die Schiffahrt gestattet, die Delphinien (April), und im Mai (Thargelion) opferte man in den Plyntherien und Thargelien wieder die Erstlinge der Feldfrüchte. Die Bedeutung dieser Feste und die Art der Opfergaben erforderte, daß man die Feste in der ihnen entsprechenden Jahreszeit feierte. In der alten Zeit, wo die Zeitrechnung noch roh und unentwickelt war, wird man mit einem Naturjahre, dessen Fixierung auf die Beobachtung der Natur und den jährlichen Stand der Sternbilder gegründet war, ausgereicht haben. Später, als man zyklisch nach dem Monde zu rechnen anfing, wird die Bestimmung der Festzeiten in derselben Weise vorgenommen worden sein, wie wir dies bei den Römern (im vorigen Kapitel) gesehen haben.
Von der großen Zahl der nichtattischen, im übrigen Griechenland und in den Kolonien gefeierten Feste1 sollen wenigstens einige hier Erwähnung finden: In Sparta und Lakonien die Hyakinthien (im Monat Hyakinthios = Skirophorion?), die Karneien (im Karneios = Metageitnion), die Gymnopädien (im Hekatombios), das Fest Korythalia und Karyatis (Feste der Artemis); in Arkadien die Lykaia und Klaria; in Böotien die Daidala und Agrionien (im Monat Agrionios = Elaphebolion); in Delphi die Theophanien am 7. Bysios (= Anthesterion), die Theoxenien im Theoxenios (= Elaphebolion)
1) Über die nichtattischen Feste s.
, Die griech. Kultusaltertümer ( , Handb. d. kl. Altert.-Wiss., V. Bd., 3. Abt., 1898, S. 218 f.) und , Griech. Feste von relig. Bedeutung, mit Ausschluß der attischen, Leipzig 1906.und die alle 9 Jahre gefeierten Septerien oder Stepterien (im Bukatios? [= Metageitnion]); in Korinth die Hellotien, in Messenien die Ithomäen; auf Argos die Heraia, auf Lesbos und Rhodos die Sminthien. — Wie man sieht, gaben verschiedene Feste den betreffenden Monaten, in denen sie gefeiert wurden, den Namen (s. § 198); auf den weit verbreiteten Dionysoskultus weisen z. B. die Monatsnamen Dionysios, Theudaisios, Thyios, Lenaion hin, welche etwa mit dem 8. bis 10. attischen Monaten parallel laufen.
Zu einem griechischen Festkalender gehören als Ergänzung noch die Tage, an denen Archairesien (Wahlen für den Ersatz der ausscheidenden höchsten Beamten), Ekklesien (ordentliche Volksversammlungen) stattfanden und die als Werktage betrachtet wurden. Die Wahl der hohen Beamten, nämlich der 10 Strategen, 10 Taxiarchen, 2 Hipparchen und 9 Archonten sowie der 500 Ratsmitglieder (Buleuten), welche ihr Amt jedes Jahr wechselten, konnte nur einmal während des Jahres geschehen. Die Zeit der Archairesien ist ein Gegenstand vieler Meinungsverschiedenheiten. Schoemann, Schäfer, Köhler) auch für die alte Periode andere Monate als Wahltermine angegeben, und die letzteren sind bis auf 6 Monate vor dem Skirophorion, vom Poseideon an, ausgedehnt worden. — Die Volksversammlungen (Ekklesien) fanden in der alten Zeit monatlich, und zwar am 11. Tage statt, sind aber allmählich auf 2 bis 3 Versammlungen im Monat erweitert worden. Als die Prytanien geschaffen waren und mit den Volksversammlungen in Parallele traten, konnten die Ekklesien nach Prytanien gezählt werden: es kam auf etwa je 4 Ekklesien eine Prytanie. Die Verteilung der Volksversammlungen gestaltete sich vom 11. Hekatombaion an (der 11. Monatstag blieb für die ganze Periode Griechenlands maßgebend) etwa folgendermaßen: am 11., 20., 30. Hekat. und 5. Metageitn. (Pryt. I), am 11., 20., 29. Metageitn. und 11. Boëdr. (Pryt. II) usw. In Schaltjahren und zur Zeit der zwölf Stämme traten entsprechende Verschiebungen ein. — Zu den Werktagen gehören die Zahl- und Verkaufstage, die Sitzungstage des Rats und der Gerichte, die Versammlungstage der Phylen, die Volksversammlungstage u. a. Maßgebend für dieselben ist nur das inschriftlich überlieferte Material1.
hat nachzuweisen gesucht, daß für die ältere Periode, die Zeit der 10 Stämme, nur der für Vornahme neuer Wahlen natürliche Monat am Jahresschlusse, der Skirophorion, in Betracht kommen könne, daß aber in der Zeit der 12 Phylen (etwa von 306 v. Chr. ab) der Monat Munychion als Wahltermin angenommen worden sei. Dagegen haben andere (wie1) S. die Sammlung bei
, Handb. d. griech. Chronol., S. 373 f.Die Festtage sowie die Daten der Archairesien und Werktage sind sowohl für die Ergänzung der Daten mangelhaft erhaltener Inschriften wie für die technischen Fragen der griechischen Kalender von Bedeutung. In ersterer Beziehung z. B. kann man entscheiden, ob ein überliefertes Datum insofern möglich ist, daß es mit einem Festtage zusammenfallen konnte, der zu denen gehörte, an welchen öffentliche Geschäfte, richterliche Handlungen usw. erlaubt oder nicht erlaubt waren. Auch die Verteilung der Prytanientage und die Schaltung hängt, wie man leicht sieht, mit der Anordnung der Festtage und den oben genannten besonderen Tagen zusammen. In Beziehung auf die Ausfallstage in den hohlen Monaten z. B. ist es fraglich, wie man verfuhr, wenn ein Festtag oder ein Sitzungstag des Rats mit einem solchen Tag kollidierte, ob eine Verlegung des Ausfallstages stattfand. Die Festtage können auch unmittelbar zur Zeitbestimmung dienen, wenn etwa ein historisches Ereignis an einen solchen Tag traditionell geknüpft wird, da dann in vielen Fällen der Monatstag des attischen Kalenders angegeben werden kann.