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[§ 155. Jahreslängen. Kebioth. 93]

§ 155. Jahreslängen. Kebioth.

Das astronomische Mondjahr hat eine Länge von 354d 8h 870ch, das astronomische Schaltjahr, da noch ein synodischer Monat hinzu­kommt, die Länge 383d 21h 589ch. In der bürgerlichen Zeitrechnung können nur ganze Tage verwendet werden, man kann deshalb den Überschüssen von Tagen durch die Annahme von zweierlei Gemein­jahren, von regelmäßigen zu 354 Tagen und von überschüssigen zu 355 Tagen, ungefähr Rechnung tragen; ebenso erwachsen aus der Länge des Schaltjahrs zwei Arten von Schaltjahren: regelmäßige zu 383, und überzählige zu 384 Tagen. Durch die Dechijoth wird bis­weilen ein Jahr um einen Tag verlängert, das folgende verkürzt, so daß noch weitere Jahresarten entstehen, mangelhafte von 353 und überzählige von 385 Tagen, bei welch letzteren man den wegge­nommenen Tag zu dem regulären Schaltjahr von 384 Tagen hinzugelegt hat.

Aus dem im vorigen Paragraph ermittelten Moled Tišri und den De­chijoth läßt sich nun entscheiden, welche Jahreslänge einem gegebenen Jahre der W. Ä. zukommt, d. h. ob es ein mangelhaftes, reguläres, über­zähliges Gemeinjahr oder Schaltjahr ist. Für das oben erwähnte Beispiel über das Jahr 5669 W. Ä. wurde der Moled Tišri 6d 23h 756ch gefunden, d. h. dieses Jahr fängt Freitag nachmittag an. Ob das Jahr ein Gemeinjahr oder Schaltjahr ist, erfährt man aus der Division der Jahreszahl durch 19; bleibt bei dieser Division ein Rest von 3, 6, 8, 11, 14, 17, 19 (oder 0), so war das Jahr ein Schaltjahr; bleiben andere Reste, so war es ein Gemeinjahr. 5669 gibt den Rest 7, ist also ein Gemeinjahr. Addieren wir zu dem gefundenen Moled dieses Jahres also den Charakter des Gemeinjahrs, so erhalten wir als Moled des nächsten Jahres 5670 W. Ä. 6d 23h 756ch + 4d 8h 876ch = 4d 8h 552ch d. h. dieses Jahr fängt Mittwoch an. Nun muß aber wegen der Regel Adu der Anfang des Jahres 5669 auf den Sonnabend, ebenso der des Jahres 5670 wegen derselben Regel auf den Donnerstag verlegt werden. Mithin fällt das letztere Neujahr 5 Tage später als das erstere und die zwischen­liegende Jahreslänge beträgt, da sie nur einem Gemeinjahre angehören kann, 50 Wochen 5 Tage oder 355 Tage; das Jahr 5669 W. Ä. ist also ein überzähliges Gemeinjahr. Für das vorher­gegangene Jahr 5668, ein Schaltjahr, würde der Moled Tišri 1d 2h 167ch = Sonntag, gefunden werden. Da letzteres Neujahr wegen Adu auf Montag verlegt werden muß, so bleiben von Montag bis Sonnabend (5669) fünf Tage Über­schuß, und die Jahreslänge von 5668 W. Ä. beträgt 54 Wochen 5 Tage = 383 Tage, das Jahr 5668 ist also ein mangelhaftes Schaltjahr.

Die Wochentage der Jahresanfänge lassen sich für die 6 ver­schiedenen Jahresarten aber auch unmittelbar feststellen. Die Tage,

[94 VIII. Kapitel. Zeitrechnung der Juden.]

an denen ein jüdisches Jahr überhaupt beginnen kann, sind Montag (2d), Dienstag (3d), Donnerstag (5d) und Sonnabend (7d). Dividiert man also die gegebene Jahres­länge eines Jahres a durch 7 und legt den Rest zu jenen 4 Wochentagen hinzu, so geben die Suramen den Neujahrstag des folgenden Jahres a + 1. Das mangelhafte Gemeinjahr, 353d, gibt den Rest 3d, also erhält man die Summen 5d, 6d, 1d, 3d d. h. das nächste mangelhafte Gemeinjahr kann, da 5 und 3 nicht wieder Neu­jahrstage sein könnten, nur mit Montag oder Sonnabend beginnen. Das regelmäßige Gemeinjahr von 354d gibt 4 als Rest und die Summen 6, 7, 2, 4, es kann Montag und Sonnabend nicht anfangen, sondern nur Dienstag und Donnerstag. Das überzählige Gemeinjahr zu 355d gibt den Rest 5 und die resp. Summen 7, 1, 3, 5, kann daher mit Montag, Donnerstag oder Sonnabend beginnen. Ähnlich finden sich die Verhält­nisse bei den Schaltjahren. Beim überzähligen Schaltjahre von 385d ist der Rest 0, demnach fängt das Jahr a + 1, wenn a ein überzähliges Schaltjahr war, mit den­selben Wochentagen Montag, Dienstag, Donnerstag, Sonnabend an, und nur der Dienstag fällt als ungeeignet aus1. Das regelmäßige Schaltjahr von 384d liefert den Rest 6 und die resp. Summen 1, 2, 4, 6, es kann nur Dienstag an­fangen; das mangelhafte Schaltjahr von 383d endlich gibt den Rest 5 und die Summen 7, 1, 3, 5, also als Anfangstage Montag, Donnerstag, Sonnabend. Es ist zweckmäßig, diese Ergebnisse zusammenzustellen:



Montag (2)Dienstag (3) Donnerstag (5)Sonnabend (7)
m353d DonnerstagDienstag
r354 SonnabendMontag
u355 SonnabendDienstagDonnerstag
M383 SonnabendDienstagDonnerstag
R384 Montag
U385 MontagDonnerstagSonnabend

In dieser Tafel stehen als Überschrift die Anfangstage des Jahres a, darunter die Anfangstage des Jahres a + 1, links die Jahreslängen, bezeichnet mit den Buchstaben m, r, u für das mangelhafte, reguläre und überzählige Gemeinjahr, mit M, R, U für die entsprechenden Schaltjahrgattungen. Aus der Tafel kann man, wenn der Anfangs­tag und die Länge eines Jahres bekannt ist, den Anfangstag des fol­genden Jahres ersehen, oder umgekehrt aus den Neujahrstagen zweier Jahre auf die zwischenliegende Jahreslänge schließen. Das Jahr 5667


1) Beim Schaltjahre, welches Dienstag beginnt, erreicht der Moled Tišri nicht die für den Vertagungsfall Betutakpat (s. oben S. 92) vorgeschriebene Grenze 2d 15h 589ch, es muß also ein regelmäßiges Schaltjahr sein.

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W. Ä. z. B. fängt mit Donnerstag an und ist ein regelmäßiges Ge­meinjahr; so ist der Beginn des nächsten Jahres 5668 ein Montag. Wie man ferner aus derselben Tafel ersieht, sind von den 24 mög­lichen Kombinationen der Größen m, r, u, M, R, U mit den oben­stehenden Tagen 2, 3, 5, 7 nur 14 reell, nämlich 2 m, 7 m, 3 r, 5 r, 2 u, 5 u, 7 u, 2 M, 5 M, 7 M, 3 R, 2 U, 5 U, 7 U. Es entstehen also vierzehn Normalkalender, welche häufig durch hebräische Buchstaben, und zwar die Zahlen jener Kombina­tionen durch die entsprechenden Zahlenwerte 2 = ב, 3 = ג, 5 = ה, 7 = ז und die mangelhaften Ge­mein- und Schaltjahre durch ח, die regulären Gemein- und Schalt­jahre durch כ und die überzähligen mit ש bezeichnet werden, so daß die Zeichen für die 14 Normalkalender wie folgt lauten: 2 m = כח, 7 m = זח, 3 r = גכ, 5 r = הפ, 2 u = בש, 5 u = הש, 7 u = זש, 2 M = בח, 5 M = הח, 7 M = זח, 3 R = גכ, 2 U = בש, 5 U = הש, 7 U = זש. In den jüdischen Kalendern finden sich diese 14 Zeichen noch mit dem Wochen­tage des Passahfestes, nämlich des 15. Nisan verbunden, und sie heißen in dieser Gestalt קביעות השנה kebiôṭ hašanah d. i. die Bestimmer oder Charakter des Jahres. Der Passahtag ergibt sich leicht dadurch, daß er 2 Wochen später als Neujahr fällt; man hat also zu den Zahlen der 14 Kombinationen bei Gemeinjahren 1, 2, 3, bei Schaltjahren 3, 4, 5 zu addieren, um den dritten Buchstaben, der den Tag des Passah bezeichnen soll, zu finden. Die Bezeichnung 2 m 3 = בחג sagt also, daß das mangelhafte Gemeinjahr (m) mit einem Montag (2) anfängt und daß der Wochentag des Passah dann ein Dienstag (3) ist. Nachstehend folgen die 14 Bezeichnungen:

1)5 u 1 = השא  8)2 u 5 = בשה 
2)7 m 1 = זחא  9)3 r 5 = גכה 
3)5 M 1 = החא* 10)2 M 5 = בחה*
4)2 m 3 = בחג  11)7 U 5 = זשה*
5)7 u 3 = זשג  12)5 r 7 = הכז 
6)7 M 3 = זחג* 13)2 U 7 = כשז*
7)5 U 3 = השג* 14)3 R 7 = גכז*

Hier sind die Normalkalender, wie man sieht, nach den Passahtagen geordnet. Die Zahl links gibt den Wochentag des 1. Tišri (von Sonntag = 1 gerechnet), der Buch­stabe in der Mitte weist auf die Jahreslänge, die Zahl rechts zeigt den Wochentag des Passah an. Diese vollständigen Bezeichnungen werden meist gleich neben das be­treffende Jahr der W. Ä. gesetzt, um es dadurch zu charakte­risieren. Beim Jahre 5667 W. Ä. findet man z. B. die Bezeichnung הכז (5 r 7) d. h. das Jahr beginnt an einem Donnerstag, hat 354 Tage, und das

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Passah fällt auf Sonnabend; beim Jahre 5669 W. Ä. זשג (7 u 3) d. h. dieses Jahr fängt Sonnabend an, hat 355 Tage, und Passah fällt Dienstag1.


1) In Zuckermanns Tafeln findet man die Kebiôṭ bei jedem Jahre der W. A. beigefügt.

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