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[§ 153. Jahr, Monate, Ära. 85]

§ 153. Jahr, Monate, Ära.

Das lunisolare Jahr (שנה šanah) hat zwölf Mondmonate von ab­wechselnd 30 und 29 Tagen oder durch die Schaltung oder die Dechijoth veränderten Längen. Im erstem Falle zählt das Jahr 354 Tage und heißt ein reguläres oder Gemeinjahr (שנה פשוטה šanah pešutah). Der 19jährige Schaltzyklus enthält sieben Schaltjahre, welche nach der schon (§ 150) angegebenen Regel נו’ח ארו’ט geschaltet werden, also im 3., 6., 8., 11., 14., 17. und 19. Jahre des Zyklus. Kommt in einem Schaltjahre zu dem Gemein­jahr eine 30tägige Schaltung hinzu — welche nach dem 6. Monate, dem Adar, eingeschoben wird —

[86 VIII. Kapitel. Zeitrechnung der Juden.]

so entstellt ein reguläres Schaltjahr (שנה מעוברת šanah meubereṭ); dieses hat also 384 Tage oder 54 Wochen 6 Tage. Durch die Dechijoth kommen zu diesen beiden Jahresarten noch vier andere hinzu. Dem 2. Monat, dem Marchešwan, wird bis­weilen ein Tag zugelegt, so daß dieser Monat 30 Tage zählt, also die ersten 3 Monate Tišri, Marchešwan und Kislev je 30 Tage haben; dann wird aus dem Gemeinjahr ein überzähliges (annus abundans שנה שלימה šanah šelemah, auch vollständiges Jahr genannt), welches 855 Tage oder 50 Wochen 5 Tage hat, und ebenso aus dem Schaltjahre ein überzähliges Schalt­jahr, welches 385 Tage oder 55 Wochen enthält. Werden dagegen dem 3. Monat Kislev nur 29 Tage (statt 30) gegeben, so entsteht aus dem Gemeinjahr ein mangelhaftes Jahr (שנה חסרה šanah chaserah, annus deficiens) mit 353 Tagen = 50 Wochen 3 Tagen, und aus dem Schaltjahr ein mangelhaftes Schaltjahr mit 383 Tagen oder 54 Wochen 5 Tagen. Man unterscheidet demnach 6 Jahresarten: reguläre, mangelhafte und überzählige Gemeinjahre, und reguläre, mangelhafte und überzählige Schaltjahre. Danach haben wir für die Dauer der Monate in diesen Jahresarten folgende Übersicht:


reg.mang.überz. reg.mang.überz.

Gemeinjahre Schaltjahre
Tišri 303030 303030
Marchešwan 292930 292930
Kislev 302930 302930
Tebet 292929 292929
Šebaṭ 303030 303030
Adar 292929 303030
We-Adar 292929
Nisan 303030 303030
Ijar 292929 292929
Siwan 303030 303030
Tammuz 292929 292929
Ab 303030 303030
Elul 292929 292929

384353355 384383385

Der Schaltmonat folgt, wie man aus dieser Übersicht ersieht, auf den Adar und heißt zur Unterscheidung von diesem ואדר We-Adar (d. i. „noch ein Adar“). Adar und We-Adar werden auch bisweilen als אדר ראשון Adar rišon und אדר שני Adar šeni, oder kurz durch Adar I und Adar II bezeichnet. Der eigentliche Schaltmonat ist immer Adar I; er hat im Schaltjahre 30 Tage, während der We-Adar immer 29 Tage enthält.

[§ 154. Moled und Dechijoth. 87]

Die Monate sind vollzählig (30 Tage) oder mangelhaft (29 Tage). In den 29tägigen Monaten führt nur der 1. Tag den Namen ראש חדש roš chodeš (Neumond), in den 30tägigen sowohl der 30. des abgelaufenen wie der 1. des neuen Monats. Am Anfange eines mangelhaften Monats stehen also zwei roš chodeš, am Anfange eines vollzähligen dagegen nur einer.

Die jüdische Weltära, nach welcher im jetzigen Kalender die Datierung erfolgt, wurde schon angegeben (oben S. 79 f.): die Epoche ist der 7. Oktober 3761 v. Chr. Beim Vergleichen der Jahre dieser Weltära mit den Jahren der Christen muß man beachten, daß die jüdischen Jahre mit dem Herbst beginnen, also dem Herbste unsers Jahres 1 das jüdische Jahr 3762 entspricht. Das jüdische Jahr ist demnach gegen das der Differenz entsprechende christliche um eine Einheit voraus, und man muß wissen, auf welche Monate sich die jüdische Jahreszahl bezieht. Der 1. Tišri 5568 W. Ä. fällt z. B. auf den 21. Septbr. 1807 n. Chr. (jul.), der 1. Tammuz 5568 aber auf den 14. Juni 1808 n. Chr. Um daher Jahre der jüdischen Weltära in christliche (n. Chr.) zu verwandeln, zieht man 3760 von dem Weltjahre ab; fällt das gegebene jüdische Datum in die Monate Tišri bis Ṭebet (Septbr.—Dezbr.), so entspricht es dem vorhergehenden christlichen Jahre, im andern Falle dem bei der Subtraktion mit 3760 sich ergebenden Jahre. — Die Juden lassen in ihrer Literatur öfters die Tausender der Weltjahre bei der Datierung fort und pflegen dann den Zusatz „kleine Rechnung“ beizusetzen. Man findet die Jahreszahlen bisweilen auch durch Bibel­worte angedeutet, in denen die Buchstaben, deren Zahlenwert zu addieren ist, besonders markiert sind.

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